Samstag, 26. August 2006
Rot
„Ich wusste nicht, ob rosa oder weiß, da habe ich rote genommen.“ Aufgebläht ragt das grün bedruckte Einwickelpapier zwischen uns auf. Airbag, denke ich kurz und finde den Begriff unpassenderweise passend. Er grinst gewinnend an der Seite vorbei. „Das war Quatsch, ich wollte von vorne herein rote. Die Farbe der Liebe... und der Leidenschaft.“ Rot also, denke ich und trete einen halben Schritt zurück. Liebe und Leidenschaft? Denkt er tatsächlich, ich wüsste nicht, warum er hier ist? Denkt er tatsächlich, ich hätte auch nur ein Wort von allen denen geglaubt, die er gemacht hat? So schöne Worte, so viele schöne Worte, so viele schöne, lange Reden und dahinter ein überaus simpler Sinn.
Ich schicke ihn voraus, bitte ihn, auf der Couch Platz zu nehmen, frage, was er trinken möchte. Er zuckt mit den Schultern. „Was hast du denn da?“ Ich zähle auf und er entscheidet sich für einen trockenen Rotwein. Ich nicke stumm, bitte um einen Moment Geduld, gehe in die Küche hinüber. Durch das zerdrückte Papier hindurch, spüre ich die Feuchtigkeit der harten Stiele. Meine Finger erahnen, schätzen. Zwölf. Zwölf mal Liebe, zwölf mal Leidenschaft. Zwölf mal ficken.
Die Flasche mit dem Rotwein habe ich vor etlichen Jahren zum Geburtstag geschenkt bekommen, und seitdem steht sie unbeachtet im Regal. Ich mag keinen Rotwein mit der Bezeichnung „trocken“, die für nichts anderes steht, als dass der Mund sich zusammenzieht und lange nach dem letzten Schluck der Speichel fließt, auf der Suche, die Säure zu neutralisieren. Eine dicke Staubschicht liegt über dem dunkelgrünen Flaschenglas, als ich sie fort wische, bleibt eine schmierige Kochdunstschicht zurück. Ich beschließe, in der Küche einzuschenken. Der Korken ist ausgetrocknet, falsche Lagerung, Wein lagert man liegend, eben damit der Korken nicht austrocknet. Ich habe den Korkverschluss fast ganz heraus gezogen, als er doch noch bröselnd zerbricht. „Scheiße!“, fluche ich leise. Ich gieße den ersten Schluck in den Ausguß, hellbraune Krümel schwimmen in dunklem Rot. „Liebe und Leidenschaft!“, kichere ich über das Glucksen in der Spüle. Etwas ratlos spähe ich, ein Auge zugekniffen, von oben in den Flaschenhals. Kork. Immer noch. Ich befülle sein Glas durch das rostige Teesieb.
Mit übereinander geschlagenen Beinen sitzt er auf meiner Couch, meinen zerfransten Teddybären mit spitzen Fingern in die Höhe haltend. „Ob du es glaubst oder nicht, ich wusste, dass ich hier so etwas vorfinden würde.“ Ich stelle das Glas auf den Tisch, nehme ihm den Bären ab, lasse ihn hinter die Couch fallen, innerlich stumm um Verzeihung bittend. Liebe und Leidenschaft ist nichts für fransige Teddybären.
Er küsst gut. Kein aufdringliches Bohren, keine wild rotierende Zunge. Sanftes Streichen, spielerisches Antippen, feinfühliges Kreisen. Seine Hände sind warm und trocken, ruhig und routiniert. „Lass dich ansehen“, sagt er, als mein letztes Kleidungsstück fällt, „steh auf, zeige dich, drehe dich, wiege dich in den Hüften.“ Ich erhebe mich, gehe vor ihm auf ab, kreuze die Arme hinter dem Kopf, schiebe das Becken vor, lasse es kreisen. „Erregt dich, was du tust?“, fragt er. Ich lege die Hände über die Brüste, fasse meine Brustwarzen mit Zeigefinger und Daumen. „Ja, es erregt mich.“ Er nickt stumm, knöpft sein Hemd auf, zieht es aus, fingert an dem Verschluss seiner Jeans. „Spreize deine Schenkel für mich, zeig mir, wie nass du schon bist.“
Er will, dass ich mich selbst stimuliere, vor seinen Augen. Ich lehne ab. „Warum sollte ich das tun wollen?“, frage ich und drücke sachte die runde Spitze seines Schwanzes. „Weil ich dich darum bitte.“, antwortet er, meine Hand mit seiner umschließend, die Auf- und Abbewegung unterbrechend. Minutenlang, so scheint mir, starren wir uns wortlos in die Augen, dann gebe ich nach. Ich strecke mich auf der Couch aus, lege meinen Kopf in seinen nackten Schoß, mein linkes Ohr berührt seinen steil aufragenden Schaft, mein rechtes Bein steht weit abgespreizt neben dem Sofa. „Zeig mir, wie du es dir selbst machst!“, raunt er und ich schiebe beide Hände zwischen meine Schenkel und lasse ihn sehen, welche Spiele meine Finger mit und an mir spielen.
„Genug! Das reicht!“, unterbricht er mich, kurz bevor mein Spiel ein zuckendes Ende finden kann. „Setz dich auf“, fährt er fort, „knie dich hin und beug` dich über die Lehne.“ Widerstrebend tue ich, was er verlangt. Sein Tonfall missfällt mir. Seine Spielchen missfallen mir. Seine Art missfällt mir. Als er leise raschelnd ein Gummi auspackt, fällt mir der Blumenstrauß ein, ich habe ihn auf dem Küchentisch liegen lassen, einfach dort vergessen.
Ich will es nicht, aber ich kann es nicht aufhalten, ich komme sehr rasch unter seinen gefühlvollen, langen, in Tempo und Kraft variierenden Stößen und unter seinen wohldosiert groben Händen an meinen Brüsten. Kaum dass sich mein Atem beruhigt hat, zieht er sich aus mir zurück. Irritiert drehe ich mich halb herum, schaue ihn fragend an. Er küsst mich sanft auf die Lippen, steht dann von der Couch auf. Sein Schwanz steht noch, das Reservoir an der Spitze des Gummis ist leer, er ist nicht gekommen. „Das Bad?“, fragt er lächelnd.
Während ich auf ihn warte, nippe ich an seinem Glas. Wie kann etwas, das rot wie Blut ist, wie Liebe und Leidenschaft, nur so einen herben Geschmack haben? Ich verziehe das Gesicht und leere das Glas in einem langen Zug. Wie erwartet setzt der Speichelfluss ein, abgelöst von einem Trockenheitsgefühl in der Mundhöhle. Ich will gerade nachsehen, wo er bleibt, fragen, ob alles in Ordnung ist, als ich höre, wie sich die Badezimmertüre öffnet. Er sieht mich nicht an, als er den Raum betritt, bückt sich nach seiner Kleidung, zieht sich wortlos an. Bevor er den Reißverschluss hochziehen kann, erhasche ich einen Blick auf seinen erschlafften Penis. Wie ein schläfriger Wurm hängt er träge von seinem Unterleib hinab. „Was ist?“, frage ich ihn verwirrt. Endlich schaut er mich an, lächelt kurz, schlüpft dann in sein Hemd. „Es reicht für heute. Mehr gibt es heute abend nicht.“, sagt er. „Wie meinst du das?“, frage ich noch verwirrter. Lächelnd bindet er sich die Schuhe zu, küsst mich auf den Mund, lächelt wieder. „Ich danke dir für den schönen Abend.“, raunt er mir zu, dann ist er fort.
Nackt wie ich bin, trage ich sein Glas in die Küche hinüber. Die Blumen liegen noch immer auf dem Küchentisch. Ich werfe einen kurzen Blick in das umhüllende Papier, bevor ich das Fenster öffne. Das leise Geräusch, mit dem das Bündel auf die Waschbetonplatten aufschlägt, erinnert mich an den Bären hinter dem Sofa. Ich lege den Bären zurück an seinen Platz, klaube meine Kleidung vom Teppich, trage sie ins Bad, um sie in den Wäschekorb zu geben. Als ich den Deckel anhebe, stutze ich. Stück für Stück lege ich die Kleidung unter meinem Arm über den Wannenrand. Mein Slip befindet sich nicht darunter, mein Slip liegt bereits in der Schmutzwäsche, zusammengeknüllt, ganz obenauf. „So ein verdammter, beschissener Wichser!“, rufe ich, als ich den nass verklebten, nach frischem Sperma riechenden Stoff auf dem Waschbeckenrand ausgebreitet habe.
„So ein verdammter, beschissener Wichser!“, lache ich, weit aus dem Fenster gebeugt, dem in der Dunkelheit unsichtbaren, unausgewickeltem Blumenstrauß entgegen. Rosen, so rot wie die Liebe und die Leidenschaft.
Ich schicke ihn voraus, bitte ihn, auf der Couch Platz zu nehmen, frage, was er trinken möchte. Er zuckt mit den Schultern. „Was hast du denn da?“ Ich zähle auf und er entscheidet sich für einen trockenen Rotwein. Ich nicke stumm, bitte um einen Moment Geduld, gehe in die Küche hinüber. Durch das zerdrückte Papier hindurch, spüre ich die Feuchtigkeit der harten Stiele. Meine Finger erahnen, schätzen. Zwölf. Zwölf mal Liebe, zwölf mal Leidenschaft. Zwölf mal ficken.
Die Flasche mit dem Rotwein habe ich vor etlichen Jahren zum Geburtstag geschenkt bekommen, und seitdem steht sie unbeachtet im Regal. Ich mag keinen Rotwein mit der Bezeichnung „trocken“, die für nichts anderes steht, als dass der Mund sich zusammenzieht und lange nach dem letzten Schluck der Speichel fließt, auf der Suche, die Säure zu neutralisieren. Eine dicke Staubschicht liegt über dem dunkelgrünen Flaschenglas, als ich sie fort wische, bleibt eine schmierige Kochdunstschicht zurück. Ich beschließe, in der Küche einzuschenken. Der Korken ist ausgetrocknet, falsche Lagerung, Wein lagert man liegend, eben damit der Korken nicht austrocknet. Ich habe den Korkverschluss fast ganz heraus gezogen, als er doch noch bröselnd zerbricht. „Scheiße!“, fluche ich leise. Ich gieße den ersten Schluck in den Ausguß, hellbraune Krümel schwimmen in dunklem Rot. „Liebe und Leidenschaft!“, kichere ich über das Glucksen in der Spüle. Etwas ratlos spähe ich, ein Auge zugekniffen, von oben in den Flaschenhals. Kork. Immer noch. Ich befülle sein Glas durch das rostige Teesieb.
Mit übereinander geschlagenen Beinen sitzt er auf meiner Couch, meinen zerfransten Teddybären mit spitzen Fingern in die Höhe haltend. „Ob du es glaubst oder nicht, ich wusste, dass ich hier so etwas vorfinden würde.“ Ich stelle das Glas auf den Tisch, nehme ihm den Bären ab, lasse ihn hinter die Couch fallen, innerlich stumm um Verzeihung bittend. Liebe und Leidenschaft ist nichts für fransige Teddybären.
Er küsst gut. Kein aufdringliches Bohren, keine wild rotierende Zunge. Sanftes Streichen, spielerisches Antippen, feinfühliges Kreisen. Seine Hände sind warm und trocken, ruhig und routiniert. „Lass dich ansehen“, sagt er, als mein letztes Kleidungsstück fällt, „steh auf, zeige dich, drehe dich, wiege dich in den Hüften.“ Ich erhebe mich, gehe vor ihm auf ab, kreuze die Arme hinter dem Kopf, schiebe das Becken vor, lasse es kreisen. „Erregt dich, was du tust?“, fragt er. Ich lege die Hände über die Brüste, fasse meine Brustwarzen mit Zeigefinger und Daumen. „Ja, es erregt mich.“ Er nickt stumm, knöpft sein Hemd auf, zieht es aus, fingert an dem Verschluss seiner Jeans. „Spreize deine Schenkel für mich, zeig mir, wie nass du schon bist.“
Er will, dass ich mich selbst stimuliere, vor seinen Augen. Ich lehne ab. „Warum sollte ich das tun wollen?“, frage ich und drücke sachte die runde Spitze seines Schwanzes. „Weil ich dich darum bitte.“, antwortet er, meine Hand mit seiner umschließend, die Auf- und Abbewegung unterbrechend. Minutenlang, so scheint mir, starren wir uns wortlos in die Augen, dann gebe ich nach. Ich strecke mich auf der Couch aus, lege meinen Kopf in seinen nackten Schoß, mein linkes Ohr berührt seinen steil aufragenden Schaft, mein rechtes Bein steht weit abgespreizt neben dem Sofa. „Zeig mir, wie du es dir selbst machst!“, raunt er und ich schiebe beide Hände zwischen meine Schenkel und lasse ihn sehen, welche Spiele meine Finger mit und an mir spielen.
„Genug! Das reicht!“, unterbricht er mich, kurz bevor mein Spiel ein zuckendes Ende finden kann. „Setz dich auf“, fährt er fort, „knie dich hin und beug` dich über die Lehne.“ Widerstrebend tue ich, was er verlangt. Sein Tonfall missfällt mir. Seine Spielchen missfallen mir. Seine Art missfällt mir. Als er leise raschelnd ein Gummi auspackt, fällt mir der Blumenstrauß ein, ich habe ihn auf dem Küchentisch liegen lassen, einfach dort vergessen.
Ich will es nicht, aber ich kann es nicht aufhalten, ich komme sehr rasch unter seinen gefühlvollen, langen, in Tempo und Kraft variierenden Stößen und unter seinen wohldosiert groben Händen an meinen Brüsten. Kaum dass sich mein Atem beruhigt hat, zieht er sich aus mir zurück. Irritiert drehe ich mich halb herum, schaue ihn fragend an. Er küsst mich sanft auf die Lippen, steht dann von der Couch auf. Sein Schwanz steht noch, das Reservoir an der Spitze des Gummis ist leer, er ist nicht gekommen. „Das Bad?“, fragt er lächelnd.
Während ich auf ihn warte, nippe ich an seinem Glas. Wie kann etwas, das rot wie Blut ist, wie Liebe und Leidenschaft, nur so einen herben Geschmack haben? Ich verziehe das Gesicht und leere das Glas in einem langen Zug. Wie erwartet setzt der Speichelfluss ein, abgelöst von einem Trockenheitsgefühl in der Mundhöhle. Ich will gerade nachsehen, wo er bleibt, fragen, ob alles in Ordnung ist, als ich höre, wie sich die Badezimmertüre öffnet. Er sieht mich nicht an, als er den Raum betritt, bückt sich nach seiner Kleidung, zieht sich wortlos an. Bevor er den Reißverschluss hochziehen kann, erhasche ich einen Blick auf seinen erschlafften Penis. Wie ein schläfriger Wurm hängt er träge von seinem Unterleib hinab. „Was ist?“, frage ich ihn verwirrt. Endlich schaut er mich an, lächelt kurz, schlüpft dann in sein Hemd. „Es reicht für heute. Mehr gibt es heute abend nicht.“, sagt er. „Wie meinst du das?“, frage ich noch verwirrter. Lächelnd bindet er sich die Schuhe zu, küsst mich auf den Mund, lächelt wieder. „Ich danke dir für den schönen Abend.“, raunt er mir zu, dann ist er fort.
Nackt wie ich bin, trage ich sein Glas in die Küche hinüber. Die Blumen liegen noch immer auf dem Küchentisch. Ich werfe einen kurzen Blick in das umhüllende Papier, bevor ich das Fenster öffne. Das leise Geräusch, mit dem das Bündel auf die Waschbetonplatten aufschlägt, erinnert mich an den Bären hinter dem Sofa. Ich lege den Bären zurück an seinen Platz, klaube meine Kleidung vom Teppich, trage sie ins Bad, um sie in den Wäschekorb zu geben. Als ich den Deckel anhebe, stutze ich. Stück für Stück lege ich die Kleidung unter meinem Arm über den Wannenrand. Mein Slip befindet sich nicht darunter, mein Slip liegt bereits in der Schmutzwäsche, zusammengeknüllt, ganz obenauf. „So ein verdammter, beschissener Wichser!“, rufe ich, als ich den nass verklebten, nach frischem Sperma riechenden Stoff auf dem Waschbeckenrand ausgebreitet habe.
„So ein verdammter, beschissener Wichser!“, lache ich, weit aus dem Fenster gebeugt, dem in der Dunkelheit unsichtbaren, unausgewickeltem Blumenstrauß entgegen. Rosen, so rot wie die Liebe und die Leidenschaft.
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